Stückliste (BOM)

Die Stückliste (englisch: Bill of Materials oder BOM) ist ein zentrales Dokument in der Produktentwicklung. Sie listet alle Komponenten, Materialien und Teile auf, die zur Herstellung eines Produktes benötigt werden. Einfach erklärt kann die Stückliste als detailliertes Rezept verstanden werden, das Schritt für Schritt angibt, welche Teile in welcher Menge benötigt werden, um ein Endprodukt herzustellen.

Was ist eine Stückliste (BOM)?

Eine Stückliste ist eine strukturierte Auflistung aller Komponenten, die zur Herstellung eines Produkts benötigt werden. Sie enthält nicht nur die Komponenten und deren Menge, sondern auch Informationen über die Struktur und Hierarchie der Baugruppen. Für komplexe Produkte, wie z.B. in der Automobilindustrie, ist eine detaillierte und genaue BOM unerlässlich. Sie dient als Grundlage für die Materialbedarfsplanung und die Fertigungssteuerung.

Aufbau einer Stückliste

Eine Stückliste besteht in der Regel aus mehreren Elementen:

  • Artikelnummer: Jede Komponente wird durch eine Artikelnummer eindeutig identifiziert.
  • Bezeichnung: Eine Kurzbeschreibung des Bauteils.
  • Menge: Die Menge jeder Komponente, die zur Herstellung des Produkts benötigt wird.
  • Maßeinheit: Die Einheit, in der die Menge angegeben wird (z. B. Stück, Kilogramm, Meter).
  • Zeichnungsnummer: Gegebenenfalls Verweis auf technische Zeichnungen.

In komplexen Stücklisten sind die Komponenten hierarchisch angeordnet, um die Struktur des Produkts darzustellen. Eine komplexe BOM kann mehrere Baugruppen enthalten, die wiederum aus mehreren Teilen bestehen.

Stücklistenarten

Es gibt verschiedene Arten von Stücklisten, die je nach Anwendungsfall und Unternehmensanforderungen eingesetzt werden:

  1. Strukturstückliste: Diese BOM stellt die hierarchische Struktur des Produktes dar. Sie zeigt die Beziehungen zwischen Baugruppen und Einzelteilen. Dieser Stücklistentyp wird häufig in PLM-Systemen (Product Lifecycle Management) verwendet.
  2. Mengenstückliste: Hier wird nur die benötigte Menge jedes Teils angegeben, ohne die hierarchische Struktur zu berücksichtigen. Dieser Stücklistentyp wird häufig in der Materialbedarfsplanung verwendet.
  3. Variantenstückliste: Diese BOM wird für Produkte verwendet, die in verschiedenen Varianten hergestellt werden können. Sie enthält Regeln und Bedingungen, die festlegen, welche Teile für eine bestimmte Produktkonfiguration benötigt werden.
  4. Phantomstückliste: Sie wird für Baugruppen verwendet, die selbst nicht gelagert werden, sondern direkt in die nächste Baugruppe eingebaut werden.
  5. Produktionsstückliste: Diese Stückliste wird speziell für die Fertigung eines Produktes erstellt und berücksichtigt alle Teile, die während des Produktionsprozesses benötigt werden.

Erweiterte Stücklistentypen

Neben den bereits beschriebenen Stücklistentypen gibt es weitere spezifische Typen, die in verschiedenen Phasen der Produktentwicklung und -herstellung verwendet werden. Dazu gehören EBOM, MBOM und SBOM.

EBOM (Engineering Bill of Materials)

Die Engineering Bill of Materials (EBOM) ist eine Art Stückliste, die während des Entwicklungsprozesses eines Produktes erstellt wird. Sie enthält alle technischen Informationen und Spezifikationen, die von den Ingenieuren während der Produktentwicklung festgelegt wurden. Die EBOM bildet die technische Grundlage für das Produktdesign und ist häufig die erste Stückliste, die im Produktlebenszyklus erstellt wird. Sie ist besonders wichtig in der Entwicklungsphase, da sie alle Konstruktionsdetails und strukturellen Komponenten eines Produkts auflistet.

Stückliste (EBOM)

Stückliste (EBOM)

MBOM (Manufacturing Bill of Materials)

Die Manufacturing Bill of Materials (MBOM) unterscheidet sich von der EBOM dadurch, dass sie speziell für die Produktionsphase des Produktlebenszyklus erstellt wird.

Die MBOM enthält nicht nur die Teile, sondern auch Informationen darüber, wie diese Teile in der Produktion zusammengefügt werden. Sie berücksichtigt Fertigungstechniken, Montageschritte und alle zusätzlichen Materialien, die für den Produktionsprozess benötigt werden. Die MBOM ist somit eine wichtige Schnittstelle zwischen Entwicklung und Fertigung. Sie ermöglicht die Umsetzung des Designs in die Praxis.

SBOM (Service Bill of Materials)

Die Service Bill of Materials (SBOM) ist eine Stückliste, die für die Wartung und den Service eines Produktes erstellt wird. Sie enthält alle Teile und Komponenten, die für die Wartung, Reparatur oder den Austausch eines Produkts benötigt werden. Die SBOM ist besonders wichtig für den Kundendienst. Sie stellt sicher, dass die Servicetechniker genau wissen, welche Teile für die Wartung oder Reparatur eines Produkts benötigt werden.

Diese erweiterten Stücklistentypen bieten eine spezifischere und detailliertere Verwaltung der Produktinformationen.

Die EBOM ist entscheidend für das Verständnis der Konstruktion. Die MBOM für eine effiziente Produktion und die SBOM für eine reibungslose Wartung und Reparatur.  Durch die Verwendung dieser spezialisierten BOM können Unternehmen den gesamten Produktlebenszyklus von der Entwicklung über die Produktion bis hin zum Service besser steuern.

Die Integration dieser BOM in PLM- und ERP-Systeme ermöglicht eine durchgängige und konsistente Verwaltung aller produktbezogenen Daten.

Die Bedeutung der Stückliste in PLM-Systemen

In einem PLM-System (Product Lifecycle Management) spielt die Stückliste eine zentrale Rolle. Sie bildet die Grundlage für die Verwaltung des gesamten Produktlebenszyklus. Das PLM-System ermöglicht es, die Stückliste während der verschiedenen Phasen des Produktdesigns, der Entwicklung und der Fertigung zu verwalten und zu aktualisieren. Dadurch wird sichergestellt, dass alle beteiligten Abteilungen stets Zugriff auf die aktuellen Informationen haben.

Die BOM in einem PLM-System ist dynamisch und kann Änderungen in Echtzeit widerspiegeln. Dies ist besonders wichtig bei komplexen Produkten, deren Design und Struktur sich häufig ändern. Durch die Integration von PLM- und ERP-Systemen kann die Stückliste auch direkt in die Materialbeschaffung und Produktionsplanung einfließen.

BOM in ERP-Systemen

ERP-Systeme (Enterprise Resource Planning) nutzen die Stückliste zur Steuerung von Materialwirtschaft, Produktion und Logistik. Die in einem ERP-System erstellte Stückliste dient zur Planung der benötigten Materialmengen und zur Steuerung der Fertigungsaufträge. Das ERP-System greift auf die Stückliste zu, um sicherzustellen, dass alle benötigten Teile zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar sind.

Die Integration von PLM- und ERP-Systemen ermöglicht eine durchgängige Verwaltung der Stückliste von der Konstruktion bis zur Fertigung. Dies führt zu einer effizienteren Produktion und einer Reduzierung von Fehlern und Verzögerungen.

Vorteile einer genauen Stückliste

Eine gut erstellte Stückliste bietet viele Vorteile:

  • Transparenz: Alle benötigten Materialien und Komponenten sind klar definiert.
  • Effizienz: Durch die genaue Planung der benötigten Mengen kann Materialverschwendung vermieden werden.
  • Fehlerreduktion: Durch die klare Struktur und den genauen Aufbau der Stückliste können Fehler in der Produktion minimiert werden.
  • Flexibilität: Variantenstücklisten ermöglichen eine schnelle Reaktion auf Kundenwünsche und Änderungen im Produktdesign.
  • Kostensenkung: Eine effiziente Materialplanung reduziert die Lagerhaltungskosten und vermeidet Engpässe.

Beispiele für die Verwendung von Stücklisten

Stücklisten werden in fast allen Fertigungsbranchen verwendet. Hier einige Beispiele:

  • Automobilindustrie: In der Automobilindustrie sind Stücklisten unerlässlich, um die vielen tausend Teile zu verwalten, aus denen ein Fahrzeug besteht. Diese Stücklisten umfassen alles von der kleinsten Schraube bis hin zur kompletten Karosserie.
  • Elektronikindustrie: Bei der Herstellung von elektronischen Geräten wie Smartphones oder Computern werden Stücklisten verwendet, um die verschiedenen Komponenten wie Platinen, Chips und Gehäuse zu verwalten.
  • Maschinenbau: Im Maschinenbau helfen Stücklisten bei der Konstruktion komplexer Maschinen und Anlagen. Die Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Komponenten werden klar definiert.
  • Konsumgüterindustrie: Auch bei der Herstellung von Konsumgütern wie Haushaltsgeräten oder Möbeln spielen Stücklisten eine entscheidende Rolle. Sie sind notwendig, um die Produktion effizient zu planen und durchzuführen.

 

Herausforderungen bei der Stücklistenerstellung

Trotz der vielen Vorteile gibt es auch Herausforderungen bei der Erstellung und Pflege von Stücklisten. Insbesondere bei komplexen Produkten kann die Verwaltung der BOM zeitaufwändig und fehleranfällig sein. Änderungen im Design oder in der Produktion müssen zeitnah in der Stückliste nachgezogen werden, um Fehler zu vermeiden.

Ein weiteres Problem ist die Datenkonsistenz. In vielen Unternehmen werden Stücklisten in unterschiedlichen Abteilungen erstellt und gepflegt. Ohne zentrale Verwaltung können Inkonsistenzen entstehen, die zu Fehlern in der Produktion führen.

Zukunft der Stückliste

Die Zukunft der BOM ist eng mit der Digitalisierung und der Integration von PLM- und ERP-Systemen verbunden. Durch den Einsatz moderner Softwarelösungen können Stücklisten automatisiert erstellt und gepflegt werden. Dies reduziert den manuellen Aufwand und die Fehleranfälligkeit.

Ein weiterer Trend ist der Einsatz von digitalen Zwillingen, die es ermöglichen, die BOM in Echtzeit zu aktualisieren und mit den tatsächlichen Produktionsbedingungen abzugleichen. Dies führt zu einer noch höheren Genauigkeit und Effizienz in der Produktion.

Fazit

Die Stückliste ist ein unverzichtbares Werkzeug in der Produktentwicklung. Sie bietet einen detaillierten und strukturierten Überblick über alle Komponenten, die zur Herstellung eines Produkts benötigt werden. Durch den Einsatz moderner PLM- und ERP-Systeme kann die BOM effizient verwaltet und in den gesamten Produktionsprozess integriert werden. Dies führt zu mehr Effizienz, weniger Fehlern und einer schnelleren Reaktion auf Änderungen im Produktdesign.

Für Unternehmen, die komplexe Produkte herstellen, ist eine präzise und gut gepflegte Stückliste von entscheidender Bedeutung. Sie bildet die Grundlage für eine effiziente Produktion und einen reibungslosen Materialfluss. Durch die kontinuierliche Weiterentwicklung von PLM- und ERP-Systemen wird die Bedeutung der Stückliste in der modernen Fertigung weiter zunehmen.

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